Geschichte

Die Idee der Schifferbörse geht zurück auf Ende des 19. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit existierte ein Wettbewerb mit anderen Verkehrsträgern ebenso wenig wie eine transparente Marktsituation mit durch Angebot und Nachfrage geregelten Preisen. Schiffstransport blieb Schiffstransport – Konkurrenz durch Lkw- oder Schienenverkehr waren seinerzeit nicht zu befürchten. Eine bedeutende Parallele zu heute bestand allerdings schon damals: Die Logistik – auch wenn dieser Begriff damals noch nicht verwendet wurde – wuchs mit rasantem Tempo.

In der Folge der aufstrebenden Montanindustrie benötigten die Produktionsbetriebe an Rhein und Ruhr zunehmend Transportmöglichkeiten für Kohle und Eisenerz. Die Situation für Binnenschiffer, Verlader und Reedereien stellte sich unübersichtlich, zuweilen sogar chaotisch dar. Sie verlangte nach einer übergreifenden Stelle, die die unterschiedlichen Interessen unter einen Hut zu bringen vermochte – eine Idee, die in der Gründung der Schifferbörse mündete.

Die Schifferbörse entstand in einer Zeit sich ausdehnender Weltmärkte und expandierender Handelsbeziehungen. Ruhrort entwickelte sich zum Treffpunkt der Schiffer nicht nur von Ober-, Mittel- und Niederrhein, sondern auch aus den Niederlanden, Belgien und Frankreich. In der Folge wurde der Ruf nach einer ordnenden Instanz lauter. Handelskammer, Hafenverwaltung und beteiligte Schifffahrtskreise hatten deshalb bei der preußischen Staatsregierung eine Einrichtung beantragt, die den unmittelbaren Kontakt zwischen Schiffern und Verfrachtern sowie amtliche Notierungen von Frachtsätzen vereinfachen sollte.

Am 2. November 1901 war es schließlich soweit: Die erste Börsenversammlung, an der sich Mitglieder aus den Häfen an Rhein und Ruhr – verladende Firmen, Einzelschiffer und Reedereien – beteiligten, läutete eine neue Ära ein. Von nun an wurden Frachtpreise täglich ausgehandelt und in der Schifferbörse veröffentlicht. Dadurch entstand ein entscheidender Beitrag für mehr Transparenz in der Branche. Die Ruhrorter Handelskammer, die später in der Niederrheinischen IHK aufging, gilt als einer der Gründerväter und Wegbereiter der Institution.

Die Preise, die an der Börse für das Frachtgeschäft gehandelt wurden, gaben aber auch dem Bergbau, der verarbeitenden Industrie und dem Handel Auskunft über die Verhältnisse der für die Rheinschifffahrt wichtigen Märkte.

Aus den zwischen 1906 und 1912 veröffentlichten Duisburg-Ruhrorter Börsenbedingungen gingen darüber hinaus Handelsbräuche hervor, die zum Teil noch heute ihre Gültigkeit besitzen. Nach der Weltwirtschaftskrise wurden die Kursnotierungen für lange Zeit durch behördlich festgesetzte Frachten abgelöst. Damit entfiel eine der ursprünglichen Funktionen der Schifferbörse. Inzwischen werden wieder Fracht und Laderaum über entsprechende Börsen versteigert. Sie sind jedoch nicht mehr in geschichtsträchtigen Gemäuern untergebracht, sondern finden ausschließlich elektronisch statt – im Internet.

Geblieben ist der Ursprungsgedanke der Gründer der Schifferbörse: Verlader, Partikuliere und Reedereien haben seinerzeit erkannt, dass das System Wasserstraße nur dann gedeihen kann, wenn die großen Themen der Schifffahrt gemeinsam angegangen werden.